
Pressemitteilung | 22.07.2016 Sandra Hüsges
Alle 40 Sekunden stirbt ein Mensch an einem Mückenstich in den Tropen
Die Tropen sind erst einmal weit weg, aber inzwischen sind ca. 700 Erkrankungen importiert. Auch die Tigermücke und die japanische Buschmücke reisen inzwischen per Autozug oder Schiff in unsere Region.
Im Rahmen ihrer Reihe „Freie Wähler vor Ort“ organisierten Yvonne Zick (Balzhofen) und Rüdiger Huck (Weitenung) den Infoabend zum Thema „Bekämpfung der Schnakenplage“. Spannende und interessante Einblicke in die Welt der Schnakenbekämpfung bekamen die Zuhörer bei einem Vortrag von Dr. Norbert Becker (Verein KABS) im Feuerwehrgerätehaus in Weitenung.
Die Menschen haben früh erkannt, dass die Mücke ihnen gefährlich werden kann. Schon Napoleon beklagte den Tod vieler Soldaten, die durch Malaria am Oberrhein starben. Diese Form der Malaria (nicht zu verwechseln mit der Malaria Tropica) ist heute gut zu behandeln und nicht mehr tödlich. 1956 verzeichnete man den letzten bodenständigen Malariatoten.
Um die Schnakenplage in den Griff zu bekommen, hat sich vor 100 Jahren der „Verein zur Bekämpfung der Steckmücken und Schnakenplage“ gegründet. Bekämpft wurden die Mücken damals mit Saprol (Petroleumderivat), das war allerdings nicht sehr umweltfreundlich und dazu noch gefährlich.
Heute bekämpfen die Profis nicht mit Chemie die Stechfeinde, sondern mit einer biologischen Waffe.
Der wissenschaftliche Direktor von KABS (Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage) Dr. Becker, hat sich seit seinem Studium der ökologisch sinnvollen Bekämpfung der Schnakenplage verschrieben. Vor 40 Jahren wurde der Verein KABS für unsere Region gegründet. Ca. 100 Kommunen finanzieren diesen Verein, der jedes Jahr mehrmals in die Gebiete vordringt, in denen die Larven der Mücken brüten. Wenn es ohne Hubschrauber geht, spritzen die Mitarbeiter zu Fuß. Inzwischen sind es 300 saisonale Kräfte und 23 feste Mitarbeiter, die ein Gebiet von 60.000 Hektar kontrollieren.
Damals suchte man nach einer Möglichkeit der Schnakenbekämpfung unter Berücksichtigung vom Natur und Menschenschutz. Die Biodiversität sollte möglichst erhalten bleiben.
Der Durchbruch der biologischen Stechmückenbekämpfung war die Entdeckung eines Bodenbakteriums in der Negev Wüste (Israel) im Jahr 1976. Das Eiweiß, welches die Bakterien erzeugen lässt den Darm der Mücke platzen. Es wirkt so toxisch, wie eine chemische Substanz. Eine Resistenz der Mücken konnte auch nach 30 Jahren nicht festgestellt werden, wohl auch, weil es sich um eine biologische Waffe handelt.
Dieses Eiweiß lässt sich nun in großen Mengen herstellen, so dass es mit Hilfe von Trockeneis per Hubschrauber verteilt werden kann. Für den Garten oder Teich kann man in unserer Region kostenlos Tabletten zur Schnakenbekämpfung bekommen.
Der Verein KABS rückt bei jedem Hochwasser aus, um die Brutablage zu bekämpfen. Allein in diesem Jahr waren es schon 12 Hochwasserspitzen, so dass eine genaue Koordination und ein reibungsloser Ablauf nötig sind. Inzwischen kann der Wasserstand am Computer simuliert werden und so zusammen mit GPS und 3D Höhenmodellen bei der Lokalisierung der akuten Bereiche helfen. Im Hebst kehrt dann Ruhe ein und die Mücken sterben ab. Die Larven allerdings überleben und es beginnt von vorn.
Aber auch die Biologie der Mücke kam bei dem Vortrag nicht zu kurz. Wie so oft im Tierreich, sind die Weibchen die stechenden Plagen. Die Männchen trinken Nektar und Flüssigkeiten, die Weibchen aber, benötigen zur Brutablage eine Blutmahlzeit. Anziehend finden die Mücken Kohlendioxid und den Geruch von Buttersäure und Milchsäure. Umso mehr wir schwitzen, desto attraktiver werden wir für die Blutsauger. Das Summen in der Nacht am Ohr, findet seine Ursache in der Atmung, bzw. dem Ausstoß von Kohlendioxid.
Eine Auswirkung der Schnakenbekämpfung auf die Nahrungskette der Fressfeinde der Mücken, wie Schwalben, Frösche oder Fledermäuse wurde nicht nachgewiesen. Es werden nur bestimmte Mückenarten bekämpft, so dass ausreichend Nahrung für diese Tiere vorhanden ist.
Die Frage, wie wir uns schützen können, bestätigte den Einsatz vorhandenerer Möglichkeiten. Kurzfristig kann man die Plagen durch Spray für die Haut aufhalten. Nachts am besten mit einem Moskitonetz oder auch der Geruch alter Hausmittel, wie Zitronella und Lavendel, vertreibt die Stechmücken, die immerhin seit 100 Mio Jahren auf dieser Erde leben und vermutlich schon vor uns Menschen, die seit ca. 4 Mio Jahren existieren, die Dinosaurier plagten.
Am Ende des kurzweiligen Vortrages bedankte sich der 2. Vorsitzende der Freien Wähler des Stadtverbandes Bühl, Johannes Moosheimer, bei Dr. Becker mit einem Honigprensent, dessen Erzeuger, die Bienen, zwar auch stechen, dies aber nur zur Verteidigung tun.