
Stellungnahme der Freien-Wähler-Fraktion
zum Beratungsentwurf des Haushaltsplans 2020
Prof. Dr. Karl Ehinger

Die Aufstellung des Haushaltsplans 2021 war eine außergewöhnliche Herausforderung. Erschwert wurden die Prognosen durch die Transformation der Automobilindustrie und die Unwägbarkeiten infolge der Corona-Krise. Folglich wird nur ein Gewerbesteueraufkommen von 17 Mio. &€; erwartet. Infolge Pandemie bedingter Schließungen befürchten wir die Verödung unserer Stadt und sinkende Einkommens- und Umsatzsteuereinnahmen. Wir unterstützen deshalb die Forderungen von Einzelhändlern, Gastronomen und Dienstleistern zu Öffnungen mit Augenmaß.
Die Stadt Bühl hat 2019 den Klimanotstand erklärt. Ein Haushalt ist die in Zahlen gegossene Beschreibung der Ernsthaftigkeit zur Nachhaltigkeit. Der Beratungsentwurf zeigt dies leider nicht. Der Ergebnishaushalt, der den tatsächlichen Ressourcenverbrauch darstellt, weist ein Defizit von mehr als 7,7 Mio. &€; aus. Nur um diese Zahl zu verdeutlichen: Dies entspricht den Personalaufwendungen für mehr als 70 Vollzeitstellen der gehobenen Vergütungen.
Die Stadt muss also dringend ihr Handeln ändern! Sie muss ihre Ausgaben reduzieren und die Einnahmen erhöhen. Sie muss sich auf die Pflichtaufgaben konzentrieren und auf das beschränken, was die Mehrzahl der Einwohner für die Daseinsvorsorge braucht. Angebote mit den niedrigsten Kostendeckungsgraden sollten im Fokus stehen. Alle städtischen Leistungen - insbesondere solche, von denen andere Kommunen profitieren - müssen auf den Prüfstand. Bei der prekären Finanzlage müssen wir fragen, ob die Stadt sich den Erhalt noch leisten kann von Einrichtungen wie Mediathek, Bürgerhaus, Schwimmbad, Grillhütten, Vereinshaus Bühl usw. Nicht benötigte Gebäude müssen veräußert werden.
Bei Neubauten ist auf Nachhaltigkeit zu achten. Die Freien Wähler begrüßen deshalb die Pläne, den Kindergarten Moos in massiver Holzbauweise zu erstellen. Wir versprechen uns Zeit- und Kosteneinsparungen durch Modulbauweise. Wir befürworten, dass 1,2 Mio. &€; im Haushaltsplan in den Erhalt städtischer Gebäude eingestellt sind. So kann Energie gespart und die Klimaschutzziele können eher erreicht werden. Energiehungrige Leuchtmittel sind sukzessive durch LEDs zu ersetzten.
Die Stadt plant wichtige und nicht aufschiebbare Investitionen von rund 11,2 Mio. &€;, u. a. für den Neubau der Mensa, den Kindergarten Moos, die Sanierung des Windeck-Gymnasiums, die Fertigstellung des Baugebiets Bühlfeld II und die Sanierung der Eichenwaldstraße. Wir freuen uns, dass nach den Planungsphasen bald mit Bauen begonnen wird.
Um unsere Schüler bestmöglich für Arbeitsleben und Studium zu qualifizieren, müssen die Schulen motivierende Räumlichkeiten bieten und optimal ausgestattet werden. Alle Schulen sollten digitale Endgeräte und ausreichend breitbandigen Zugang zum Internet haben. Aber die Schulträger kommen an einem mit dem Kultusministerium abgestimmten, langfristig angelegten Investitionskonzept für eine digitale Infrastruktur vor Ort nicht vorbei.
Der motorisierte Individualverkehr kann durch Umsteigen auf Rad oder ÖPNV reduziert werden. Damit das Rad nicht nur in der Freizeit benutzt wird, sondern auch auf dem Weg zur Schule und Arbeit, dürfen Radwege keine Umwege sein. Das Radwegenetz muss dementsprechend optimiert werden. Im Haushaltsplan ist für den ÖPNV ein Nettoressourcenbedarf von 1,175 Mio. &€; angesetzt. Damit der ÖPNV attraktiv ist, müssen Haltestellen nah bei den Wohnungen sein. Beim Umsteigen darf es keine langen Wartezeiten geben.
Unsere Vision ist ein für Nutzer kostenfreier ÖPNV. Finanziert werden könnte dies durch eine Anpassung der Grundsteuer.
Größter Posten im Finanzplan sind die Personalaufwendungen. Erhoffte Einsparungen durch die Digitalisierung sind noch nicht zu erkennen. Geeignete Verwaltungsabläufe sind deshalb zeitnah zu verschlanken. Ob dies bei den Ortsverwaltungen (OV) möglich ist, wird derzeit untersucht. Deren Öffnungszeiten wurden in den letzten Jahren bereits stark gekürzt. Ein Blick in den Stellenplan zeigt, dass die im Haushaltsplan angegeben 3,45 Stellen für die OV nur 0,84 % aller besetzten Stellen der Stadt ausmachen. Die Personalaufwendungen aller OV entsprechen gar nur 0,69 % der gesamten städtischen Personalaufwendungen. Dies zeigt, größere Einsparpotentiale gibt es an anderen Stellen. Durch vorausschauende Personalentscheidungen wurden bereits erste Weichen zukunftsweisend gestellt.
Sorgen bereitet uns der Eigenbetrieb Abwasser bei dem eine Kreditaufnahme von 2,575 Mio. &€; geplant ist. Die Prokopfverschuldung steigt so auf den neuen Rekordwert von 1.068 &€; und ist somit mehr als doppelt so hoch wie die des städtischen Haushalts.
Die Freien Wähler sehen und anerkennen die schwierigen Bedingungen und den daraus resultierenden Unsicherheiten bei der Aufstellung des Haushaltsplans. Wir stimmen trotz der Bedenken dem Entwurf und den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe zu und sichern unsere konstruktive Mitarbeit zur Bewältigung der anstehenden Probleme zu.