
Stellungnahme der FW-Fraktion zum Haushaltsplan-Entwurf 2022
Prof. Dr. Karl Ehinger
Corona-Pandemie, Ukraine-Krise, Klimawandel und steigende Inflationsrate beherrschen derzeit die Schlagzeilen und lassen rückläufige Gewerbe- und Umsatzsteuereinnahmen erwarten. So weist der Haushaltsplan trotz höherer Zuweisungen und geringeren abzuführenden Umlagen ein negatives ordentliches Ergebnis von nahezu 1,1 Mio € auf. D. h. der Resourcenverbrauch kann nicht vollständig aus den erwirtschafteten Mitteln des Jahres gedeckt werden. Der Haushalt ist folglich nicht nachhaltig.
Fast 27 Mio € sollen in der Stadt und in den Eigenbetreiben investiert werden. Die größten Ausgaben in den kommenden Jahren betreffen den Bau der Mensa mit Jugendcafé und Klassenräumen, so wie die General-Sanierung des Windeck-Gymnasiums. Hoffentlich ist die Gymnasium-Sanierung mit den veranschlagten 17,9 Mio € zu erreichen. Der wegen Corona erforderliche Einbau raumlufttechnischer Anlagen in unseren Kinderhäusern und Schulen ist zwar trotz Förderung teuer, spart aber auch in Zukunft durch Wärmerückgewinnung Energie. Diese Bauprojekte müssen zügig realisiert werden. Die Kreditaufnahme von 4,9 Mio € zur Finanzierung ist deshalb berechtigt. Bei negativen Zinsen kann die Stadt dafür sogar noch Geld erhalten.
Aufgrund seines Zustandes und des erwarteten Einwohnerzuwachses durch das Baugebiet Hofmatten muss das Kinderhaus Moos neu gebaut werden. Die Planungskosten in Höhe von 40.000 € sind nötig damit der Neubau bald realisiert werden kann.
Der Substanzerhalt der städtischen Gebäude ist uns Freien Wählern besonders wichtig. Falls nötig sollen sie sukzessiv den geänderten Anforderungen angepasst und energetisch saniert werden. Wir stimmen den dafür vorgesehenen Mitteln in Höhe von 2,7 Mio € zu. Bei der Planung neuer Gebäude sind neben den Bau- auch die Betriebskosten zu berücksichtigen. Die Zweckmäßigkeit muss im Vordergrund stehen.
Der Zustand mancher Straßen verschlechtert sich zusehends. Deshalb sind Sanierungen wie z. B. der Eisentaler Weinstraße und der südlichen Hauptstraße sinnvoll. Die Fertigstellung der Eichenwaldstraße und der Straßen des Baugebiets Bühlfeld II in Balzhofen wird die Anwohner freuen.
Im ländlichen Raum kann auf Individualverkehr nicht verzichtet werden. Aber der Autoverkehr belastet die Menschen durch Abgase und Lärm. Dies zu reduzieren gelingt nur, wenn Rad und ÖPNV mehr genutzt werden. Das Radwegenetz muss komplettiert werden – insbesondere Lücken müssen geschlossen werden. Sichere Abstellplätze an denen Räder angekettet werden können, könnten z. B. manche Auto-Parkplätze ersetzen. Zwar bezuschusst die Stadt den ÖPNV mit 1,3 Mio € – aber dieser muss mit akzeptablen Preisen und kurzen Umsteigezeiten attraktiver werden. In Zukunft könnten autonom fahrende Kleinbusse zu den Zeiten Personen befördern wenn gerade Bedarf besteht.
Im Kultur- und Bildungsbereich hinterlässt die Corona-Pandemie finanziell tiefe Spuren. Die Einnahmen des Bürgerhauses Neuer Markt fallen fast komplett aus. Umgerechnet muss die Stadt so jeden Besuch mit 43,58 € bezuschussen. Was bleibt, ist die Hoffnung auf mehr geldbringende Veranstaltungen, sobald das die Umstände wieder zulassen.
Die Mediathek ist eine wertvolle Informationsquelle und Bildungsstätte. Angesichts des über Jahre hinweg hohen Zuschussbedarfs von nun über 1 Mio € darf eine Diskussion über den Umfang der angebotenen Leistungen und deren Zielrichtung nicht auf die lange Bank geschoben werden. Wir erhoffen von den Zuständigen Erläuterungen zu den Zielen und pädagogischen Konzepten.
Das Ausbildungsangebot an der Bühler Musikschule ist vielfältig und hochwertig. Die Kosten sind hoch und führen zu einem veranschlagten Nettoressourcenbedarf von 0,66 Mio €. Deshalb müssen die Gebühren sozial verträglich angepasst werden und andere Einnahmequellen erschlossen werden.
Weil wir Bürgerhaus, Mediathek und Musikschule dauerhaft erhalten wollen, müssen die Defizite reduziert werden. Wir erwarten von den Verantwortlichen dazu Vorschläge. Spätestens zum Beginn des neuen Schuljahres sollten die modifizierten Konzepte beschlossen sein.
Wir lehnen Schließungen von Friedhöfen ab! Sie sind wohnortnahe Begegnungsstätten für die Trauernden und wegen des Parkcharakters auch Erholungsorte. Da der Flächenbedarf wegen zunehmender Urnenbestattungen sinkt, könnten die Friedhöfe langfristig verkleinert werden – ebenso wie durch einen Friedwald auf Bühler Gemarkung.
Im Oktober 2021 wurden dem Stadtrat die Ergebnisse der Hochwasserstudie zum Sulzbach und den Rückhaltebecken Hägenich und Abtsmoor präsentiert und auf die durch den Klimawandel erhöhten Risiken hingewiesen. Da vom Land keine Förderung zu erwarten sei, wurde für keine der drei Varianten zur Verbesserung des Hochwasserschutzes Mittel in den Haushaltsplan eingestellt. Aber nur wenn in den kommenden Jahren Schutzmaßnahmen der Studie realisiert werden, kann die Sicherheit der Anwohner und Häuser verbessert werden. Der Fokus muss auf dem Ausbau des Sulzbachs gerichtet werden. Die Baupflicht liegt - nach Auskunft von unseren grünen Landtagsabgeordneten aus Achern und Bühl - bei den Kommunen. Bei allen Maßnahmen sind zudem die Belange der Unterlieger und des Polders Söllingen/Greffern ausreichend zu berücksichtigen.
Die Freie-Wähler-Fraktion stimmt dem Verwaltungsvorschlag des Haushaltsplans ebenso zu wie den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe. Wegen des Defizits – mitverantwortlich sind die eingangs erwähnten externen Gründe – ist die strikte Sparpolitik fortzusetzen und es sind zusätzliche Einnahmen zu generieren. Deshalb müssen wir leider der Anhebung der Hebesätze für Gewerbe- und Grundsteuer B um 15 bzw. 20 Punkte zustimmen.
Die Freie-Wähler-Fraktion bedankt sich bei Herrn Oberbürgermeister Schnurr und Herrn Bürgermeister Jokerst ebenso wie auch allen anderen in der Verwaltung für ihr Engagement. Wir danken allen Mitbürgern, die sich beruflich oder privat für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft einsetzen und zum Wohl unserer Stadt beitragen. Die lokale Presse verdient unseren Dank für sachliche und objektive Berichterstattung des kommunalpolitischen Geschehens. Schließlich danken wir unseren Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat für faire und konstruktive Zusammenarbeit.